Mittwoch, 12. März 2014

Wie die Zeit vergeht

Eigentlich wollte ich den Countdown mit "Noch 4 Wochen" Beginnen. Damals funktionierte das Internet nicht. Auch bis zu "Nur noch 3 Wochen" hatte es sich nicht erholt und ich befürchtete schon, mein letzter Eintrag würde der letzte in Ghana bleiben, aber nun läuft alles wieder wie geschmiert, nur einen Tag zu spät für "2 weeks to go".

Wahnsinn, wie die Zeit vergeht. Ich kanns nicht glauben, dass sich mein Ghana Aufenthalt dem Ende zuneigt. Ich habs noch nicht ganz realisiert, fürchte ich. Klar steht der Termin im Kalender, aber es läuft einfach alles noch so normal ab - ganz anders als vor meinem Aufbruch nach Ghana, wo ich schon Wochen davor angefangen habe meine Sachen zusammenzusuchen. Im Laufe der nächsten Tage wirds mich mal anständig flashen und ich werd draufkommen, HOPPLA, ich sollt mal anfangen zu packen und all das erledigen, was ich bis jetzt aufgeschoben habe, "weil ich ja unendlich viel Zeit hab". Es fühlt sich alles noch so weit weg an. Es ist aber wieder ein riesen Schritt, eine große Veränderung, die auf mich zugerast kommt.

Die letzten 10 Tage wurde das Adumasa Link Projekt von britischem Besuch beehrt, der heute abgereist ist. Rachael, eine ehemalige Freiwillige, kam nach zehn Jahren wieder nach Ghana und brachte ihre 65 jährige Mutter mit, die von uns allen - Fei, Seth, Sam, den Nachtwächtern, mir -  einfach nur "Mom" genannt wurde. Ich bewundere sie, wie sie den anstrengenden Reisealltag ganz ohne Kulturschock meisterte. Wenn man das erste Mal in ein Entwicklungsland kommt, ist das schon eine riesen Umstellung und europäische Standards sollte man besser möglichst schnell vergessen, sonst tut man sich schwer. Die beiden waren aber ganz unkompliziert und bescheiden, was Erwartungen angeht, dafür wirklich unterhaltsam. Total liebe, positive, gläubige Menschen, die für alles und jeden beteten und niemals nie ein böses Wort über jemand anderen verloren sondern einfach nur von Grund auf gut sind, aber oberlustig, vor allem Mom. Man stelle sich eine ältere aber außerordentlich vitale und aufgedrehte britische Omi mit Glatze und dunkler Puck-die-Stubenfliegen-Sonnenbrille vor, die  unglaublich viel zu erzählen hat, von einem Thema zum nächsten springt und zwischendurch ständig kichert, wie ein kleines Mädchen. Herrlich.

Besonders lustig war unser Hendlschmaus am Dienstagabend. Das Hühnchen war hart, zäh halb roh und unmöglich appetitlich zu essen. Aber wir sind ja in Afrika. Da darf man essen wie ein Höhlenmensch. Ich ging gleich mit gutem Beispiel voran, aber als Mom ihren ersten Bissen versuchte, vielen ihr fast die Zähne heraus. Sie konnte nicht mehr aufhören zu lachen. Es war eine peinliche Situation. Wir waren alle hungrig, Seth, der das Huhn gekocht (oder gebraten, gebacken, was auch immer - es war nicht durch) hatte, saß mit uns am Tisch und keiner wagte es irgendeine Kritik abzugeben, weil er sich echt Mühe gegeben hatte. Wir kämpften uns durch, mit viel Salz und Ketchup geht alles. Es war einer von den Abenden, an denen man sich denkt: "Wenn ich morgen krank bin, dann weiß ich, warum."

Vor dem backen - es hat sich nicht viel geändert.

Lake Bosomtwi

Am nächsten Tag waren aber alle fit für den Lake Bosomtwi... oder Lacke Bosomtwi - die nächste Herausforderung fürs Immunsystem. Der wahrscheinlich durch einen Meteoriteneinschlag entstandene, annähernd kreisrunde See liegt einige Kilometer südlich von Kumasi eingebetet zwischen grünen Hügeln und Bergen. Leider war an diesem Tag der Dunst so dick und undurchsichtig, dass wir die sonst bestimmt wunderschöne Aussicht nicht so ganz auskosten konnten. Am Strand  genossen wir dafür Pizza und Kokuswasser im Schatten der Palmen. Rachael und Mom trauten sich ins Wasser, Fei, Seth und ich verzichteten. Die beiden können nicht schwimmen, mir war es einfach zu unattraktiv. Der See ist angeblich ungefährlich und sauber, aber weder Farbe, Geruch, noch Temperatur des Wassers konnten mick überzeugen. Ich schaute lieber den Fischern bei ihrem Handwerk zu. Auf grund von Mythen und Geschichten rund um alte Gottheiten hatte sich hier im Laufe der Zeit eine ganz besondere Art des Fischens eintwickelt. Es war nämlich lange Zeit verboten, eisenhaltige Gegenstände in den See zu tauchen. Die Fischer paddeln auf schmalen Holzbrettern sitzend durchs Wasser und werfen Netzte und Körbe aus.
Kurz vor unserer Abfahr fand ich eine Dusche mit herrlich kaltem Wasser, sprang gleich in meinem Kleid drunter und saß dann während der Rückfahrt hinten auf der Ladefläche des Pick-ups um im Fahrtwind zu trocknen, Kindern zu winken und Ananas zu essen. I'm lovin' it :P
At the lakeside


Bienenfresser

Kormoran

Hanna geht über den See :)

Der Fischer holt die Netze ein


Rückfahrt auf der Ladefläcke





Independence Day

Am 6. März 1957 erlangte die ehemalige Goldküste als erste Kolonie im tropischen Afrika ihre Unabhängigkeit - dank Kwame Nkrumah, dem Staatsmann, Revolutionär und Panafrikanist auf den ganz Ghana stolz ist. Mit seiner Devise "Independence NOW" brachte er in den 50ern  Massen in Bewegung -  England verlor die Vormachtstellung und Accra wurde die Hauptstadt des revolutionären Afrikas.

Stolze Menschen feierten ihren Nationalfeiertag. Flaggen wurden hehisst, Parolen und Hymnen wurden gesungen, Militär, Schulen und Organisationen marschierten auf - es war ein großes Spektakel.


Am Freitag wurden wieder die Rucksäcke gepackt und wir machten uns erneut auf in den Norden, diesmal aber nicht so weit. Wir besuchten das Monkey Village Buabeng-Fiema, übernachteten in Nkoranza und besichtigten am Samstag die Wasserfälle bei Kintampo in der Brong-Ahafo Region.

Monkey Village


Im Affendorf leben die Menschen mit den Mona-Meerkatzen und Weißbart-Stummelaffen im Einklang. Eigentlich haben die Affen das Sagen. Sie dürfen einfach so in die Häuser spazieren und sich stibitzen, was auch immer sie wollen. Kein Mensch darf einem Affen etwas zu Leide tun. Wenn ein Affe stirbt, muss er wie ein Mensch bestattet werden - am eigenen Affenfriedhof. Warum? Auch hier haben wieder traditionelle Gottheiten und Fetischpriester herumgehext. Ich hab unseren Guide kaum verstanden, aber ich glaube, die Geschichte geht ungefähr so: Einmal, vor langer, langer Zeit, kamen Jäger in den Wald und fanden einen Fetisch, also eine Gottheit. Sie nahmen ihn mit ins Dorf und wollten ihn behalten, doch der Fetisch buxelte immer aus und lief zurück in den Wald. Die Menschen suchten und fanden ihn und fragten, warum er nicht bei ihnen bleiben wolle. Er antwortete, er möchte bei seinen Kindern, den Affen sein. Um den behalten zu können beschlossen die Dorfbewohner die Affen bei sich wohnen zu lassen, ihnen nichts zu tun und sie wie Menschen, oder noch besser zu behandeln, sonst wird der Fetisch böse und zaubert herum. Meistens stirbt dann jemand... :)

Die Äffchen sind sehr zutraulich

Weißbart-Stummelaffe mit Baby

Klettern in der Würgefeige

Wie ein Mensch :)

Affenfriedhof
Cashew - man isst die frische gelbe Frucht. Die Nuss wird erst nach weiterer Verarbeitung genießbar

Kintampo Wasserfälle

Das Ziel für viele junge Leute an diesem staubtrockenen, heißen Samstag. Es war alles voller Menschen. Ich bin mir sicher, die Wasserfälle sind wunderschön, wenn man alleine da ist. Wir hatten es dafür lustig. Diesmal ging ich auch baden, das Wasser war zwar trüb, aber erfrischend kühl. Rachael und ich stiegen mit ein paar Rot-Kreut Leuten hinter den großen Wasserfall und rutschten dann hinunter - mitten hinein in die ohnehin schon herumpurzelnde Menge - da purzelten gleich noch mehr :)
Danach machten wir noch gefühlte 100 Fotos mit netten, unbekannten Leuten.
Als wir am Abend zu Hause ankamen, sprang ich gleich unter die Dusche und musste feststellen, dass meine Bräune doch nicht von der Sonne, sondern vielmehr vom Dreckwasser stammte.

Alle wollen ins Wasser

Mom hihi

Es war so schön kühl




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