Freitag, 24. Januar 2014

Ghanas zweites Gesicht - der Norden.



Um 4:30 stand am Samstagmorgen wie ausgemacht das Taxi vor der Tür - erstaunlich! Wir wurden zur Busstation in Kumasi gebracht, wo wir erst mal warten mussten. Zuerst warteten wir darauf, bis der Ticketverkauf startete. Danach warteten wir in der Schlange für den Ticketverkauf. Dann, bis der Bus kam, dann, bis unser Gepäck eingeladen wurde. Dann, bis wir einsteigen durften und dann, bis der Bus voll war. Alles in allem - zwei Stunden Wartezeit - unausgeschlafen, in Herrgottsfrüh, umschwirrt von Mosquitos. Dafür bekamen wir den besten Fensterplatz im Bus, direkt bei der Hintertür mit extra viel Beinfreiheit und Platz fürs Gepäck. Auf ging´s ins 388km entfernte Tamale, der Hauptstadt der Northern Region. Die Straße dorthin ist gut ausgebaut und wir kamen relativ schnell voran. Simone und ich schliefen und bekamen nicht alles so genau mit, jedenfalls würde der Bus offensichtlich mal von der Polizei aufgehalten, weshalb alle aufstanden und sich aufregten "Please, you are waisting our time! Let us go!" Wir fuhren weiter. Aber das war´s noch nicht gewesen. Nach kurzer Zeit bogen wir in eine Seitenstraße ein. Wieder standen alle auf und jeder teilte lauthals seinen Unmut mit. Der Bus stoppte vor dem örtlichen Tierarzt und der Fahrer und zwei Drittel der Insassen stiegen aus. Was passiert da? Aber die Leute pilgerten nicht zum Tierarzt, sondern zum Polizeihauptquartier nebenan. Simone und Ich wollten natürlich auch wissen, was da los ist. Vom Offise heraus hörte man heftige Diskussionen. Es konnte uns keiner genau erklären, was eigentlich los war. Zwischenzeitlich dachten wir schon, der Fahrer hätte jemanden überfahren, Fahrerflucht begangen und würde jetzt den Führerschein verlieren oder eingesperrt werden und wir wären in Kintampo gestranded. Aber dem war dann glücklicherweise nicht so. Nach einer Dreiviertelstunde bekamen wir unseren Fahrer wieder - er war irgenwo falsch abgebogen, wo man nicht fahren darf - also ganz harmlos. Im Bus wurden dann Spenden gesammelt "Our driver needs help" - keine Ahnung ob schlussendlich eine Strafe bezahlt wurde oder ob der Fahrer die Bullen auf  einen "cold drink" eingeladen hat.

Öffentliche Transportmittel sind immer voll und voll eng.

Mit der Überquerung der Black Volta kommt man in ein anderes Ghana. Schluss ist's mit den grünen Wäldern, den Bananenbäumen und dem frischen Obst, das neben der Straße verkauft wird. Der Norden ist trocken - und das macht sich in jeder Hinsicht bemerkbar. Die Vegetation wird immer Steppenähnlicher, des viele Grün nimmt immer weiter ab, bis man durch eine karge Savannenlandschaft mit nur wenigen hohen Bäumen fährt. Riesige Termitenbauten ragen bis zu 4m in die Höhe und manchmal sieht man einen steinalten, blätterlosen Baobab-Baum. Es gibt keine großen, farbenfrohen Ortschaften mehr, die die Straße säumen, nur noch kleine Dörflein mit Rundhütten aus Lehm. Es scheint, als wären die Farben verschwunden, alles ist braun, grau, schwarz. Es wird "afrikanischer", so wie sich die meisten Europäer Afrika wahrscheinlich vorstellen. Das Land ist karg und die Menschen sind durchschnittlich ärmer als die im Süden. Es gibt auch nicht solche Massen an Nahrungsmitteln.

"typisch afrikanisch" - Rundhütten


Ursprünglich war geplant, dass wir eine Nacht in der Provinzhauptstadt Tamale - eher ein großes Dorf - übernachten, weil es von dort nur ein Mal täglich um 14:00 einen Bus in den Mole Nationalpark gibt und es bereits 15:00 war, als wir ankamen. Doch, welch glücklicher Zufall, der Mole-Bus war noch da und wir konnten die vierstündige Fahrt zum Mole Motel antreten, wo wir dann kurz nach 20:00 einchecken konnten.

Unterwegs im größten Nationalpark Ghanas
Am Nächten Morgen standen wir um dreivieltel 7 mit 40 anderen Nationalparkbesuchern vorm Motel, bereit zur Morgensafari. Wir wurden in vier Gruppen aufgeteilt und los ging es, hinunter zum Wasserloch, auf das man vom Restaurant und Swimmingpool unserer Unterkunft aus einen tollen Ausblick hat. Dort beobachteten wir Hammerkopf-Ibis, Kuhreiher, Warzenschweine, Kob-Antilopen und Buschböcke. Doch wir waren auf der Suche nach etwas größerem. Die Guides der vier Gruppen waren in ständigem telefonischem Kontakt. Irgendwo in der Umgebung war ein Elefant, dem waren wir auf der Spur - und die anderen Gruppen natürlich auch. Die Elefantenschnitzeljagd hatte begonnen. Wir rasten durchs Gebüsch, fanden hier einen frischen Fußabdruck und da einen noch vom Morgenbad trüben Tümpel. Das kann doch nicht so schwer sein, einen Elefanten zu finden?!  Schlussendlich fanden wir dann den heißbegehrten Schatz. Wenn der Guide nicht stehengeblieben wäre,wir wären bestimmt vorbeigerannt. Ganz versteckt hinter Bäumen stand der graue Riese da, mucksmäuschchenstill. Auch die anderen Gruppen trudelten langsam ein, von allen Seiten. Der Elefant war umzingelt und das gefiel ihm augenscheinlich so gar nicht. Er war verletzt. Sein linkes Vorderbein war angeschwollen und blutete. Die vielen Menschen machten ihn nervös. Er begann sich im Kreis zu drehen, mit den Ohren zu wedeln und den Rüssel zu heben. Er war komplett angespannt, konnte nicht weg, weil er keinen Fluchtweg hatte. Unser Guide bemerkte das und führte uns über einen Graben, wo wir aus sicherem Abstand die folgende Eskalation beobachten konnten. Plötzlich rannte der Elefant los, genau auf eine andere Gruppe zu. Alle hielten den Atem an. Man hörte knackchendes Geäst, sah nur eine Staubwolke aus der Menschen heraussprangen, wie eine aufgescheuchte Gazellenherde. Dann lag der Elefant am Boden. Er war gestürzt. Glück im Unglück für die Leute aus der Gruppe, die sich in Zukunft sicher nie wieder so nahe an einen Elefanten herantrauen werden. Das hätte ein schlimmes Ende nehmen können. Mir ist zum ersten Mal aufgefallen, wie hilflos und verwundbar so ein Menschlein in der Wildnis ist, ganz ohne Fahrzeug, Waffe oder Zaun, hinter dem man sich verstecken kann. Man hat eigentlich keine Chance gegen einen Elefanten. Da heißt's dann echt nur noch "Lauf um dein Leben!" Obwohl man immer hört, man soll nicht wegrennen. In dem Fall hatten die aber keine andere Wahl.

Guten-Morgen-Safari

Nur 30m vom wilden Tier entfernt

So verstecken sich Elefanten



Voller Adrenalin und euphorisch über unser Abenteuer  machten wir uns dann auch bald aus dem Staub und beobachteten den Elefanten nur noch von der Terasse beim Hotel aus, wie er im Sumpf herumwatete und dann mit einem eleganten Hechtsprung in den See abtauchte. :)

Dass das Essen im Hotel komplett überteuert ist, wussten wir schon vorher, also haben wir uns Proviant mitgebracht. Selbstgebackenes Brot, Ananasmarmelade, Gari und Gewürzspekulatius. Letzteres hätte unser Mittagessen nach der Safari sien sollen. Aber die Paviane machten uns einen Strich durch dir Rechnung. Nichts ahnend saße wir auf der Terasse, plauderten mit zwei Volunteers - das erste und einzige Mal, dass wir eine Österreicherin getroffen haben - und knabberten am Gewürzspekulatius, den Simones Mutti ihr zu Weihnachten geschickt hatte. Plötzlich kam ein Pavian auf uns zugerannt. Da ist man erst mal ganz perplex. Simone schnappte die Kekse und stellte sie auf den Tisch. Aber das war kein Hindernis für den Affen. Schon war er wieder weg, und die Kekse auch. Wir konnten ihn noch dabei beobachten, wie er unterm Motel im Gebüsch unser Mittagessen verputzte. Angeblich werden hier oft Menschen, vor allem Kinder und Frauen, von Affen ausgeraubt und es wurden schon manche verletzt, weil sie ihre Handtasche nicht gleich hergeben wollten. Das ist echt arg, man ist da komplett hilflos. Wenn man von einem Menschen ausgeraubt wird, kann man wenigstens schimpfen und schreien -wenns was nützt, diskutieren, nachlaufen sich im schlimmsten Fall drum prügeln oder anzeigen. Mit dem Banditen wollte ich mich aber auf gar keinen Fall anlegen. Affen sind echt unheimlich unverschämt.

Doch die Affenattacke verschaffte uns eine gratis Mitfahrgelegenheit bei der Nachmittagssafari, weil ich mit einem MIT Studenten aus Sambia ins Gespräch kam, der mit zehn Leuten und zwei privat gemieteten Pick-ups unterwegs war.

Zurück von der Safari, auf der wir nicht viel gesehen haben, packten wir schnell unsere Rucksäcke mit dem Nötigsten zusammen. Um 17:00 starteten wir mit einem Guide zum 2,5km entfernten Tree Hide, einem Baumhaus bei einer Wasserstelle, wo wir übernachten. Das war echt cool! Als wir ankamen, begann es schon zu dämmern. Ein paar Paviane und Antilopen konnten wir noch erspähen, dann wurde es dunkel. Wir übernachteten unter freiem Himmel (unterm Mosquitonetzt) hoch oben am Baumhaus und lauschten den Geräuschen der Savanne - Zickaden, pfeifende Kob-Antilopen und brüllende Paviane. Am Nächsten Morgen hörten wir sogar die Rufe einer Tüpfelhyene.

Tree Hide

Zwei Frühaufsteher auf dem Heimweg

Um 7:00 in der Früh waren wir am nächsten morgen bereits wieder zurück im Motel. Die Eimerdusche war herrlich erfrischend nach dieser ungemütlichen Nacht. Es wird nachts ziemlich kalt im Norden. Nach dem Frühstüch begann unsere nächste Tour. Mit einem ausgeliehenem Fahrrad radelten wir durch den Nationalpark, bis zum 5km entfernten Dorf Larabanga, außerhalb des Parks. Dort gibt es die älteste  Moschee Ghanas zu besichtigen, und den angeblich ältesten Baobab in Westafrika. Beide stammen aus dem frühen 15. Jahrhundert.

Bike-Safari

Fast 600 Jahre alt - der Baubab und die Moschee
Von den Dächern aus hat man den besten Ausblick über Larabanga

Das Leben im Dorf Larabanga

Nutella? Nein, das wird mal Sheabutter
So sieht's aus, wenn's fertig ist. Genau das Richtige für trockene Haut.

Hier wird Cassava getrocknet


Die Hauswände werden immer noch Stück für Stück aus Lehm hochgezogen.

Ein traditioneller Kalender auf einer Hausfassade

Die Badewanne einer alten Dame.


In der prallen Mittagssonne machten wir uns auf den Rückweg, kamen zu einem Fahrradunfall, verarzteten die verletzten Schulmädchen, wurden daraufhin von einem weiteren Mädchen begleitet, dem wir Medikamente für ihre Freundinnen mitgeben wollten, hatten aber dazwischen noch ein Fahrradkettenproblem und kein Wasser mehr und kamen dann schließlich vollkommen fertig und dehydriert beim Motel an. Den restlichen Tag verbrachten wir beim Pool.

Bei der Aussicht lässt sich#s aushalten, beim Motel.


Am Montag standen wir schon um 2:15 auf, weil der einzige Bus, der den Mole-Park verlässt, um 3:00 hätte fahren sollen. Als wir aber mit müden Augen an der Rezeption standen, wurde uns mitgeteilt, dass der Bus erst um 4:00 fährt. Das freut einen dann ganz besoners. Also - zurück in den heißen Schlafsaal. Die Hitze und die Mosquitos vertrieben mich dann aber bald und ich beschloss lieber draußen vor der Tür zu warten. Da konnte ich wenigstens meinen Pulli anziehen um mich vor den Stichen zu schützen. Mehr oder weniger. Kaum hatte ich es mir halbwegs gemütlich gemacht, kam der Rezeptionist um alle aufzuwecken. Kurz nach vier furh der Bus dann wirklich los (im Reiseführer stand 4:30 - in Ghana kann man nie wissen :)). Als wir in Tamale ankamen waren wir komplett eingestaubt, weil die hintere Tür beim Fahren offen war und wir auf der Rückbank den ganzen roten Sand ins Gesicht geweht bekommen haben - man konnte nichtmal richtig atmen, geschweige denn die Augen öffnen. Es war alles so dreckig.

Alles voller Staub


Nach erneutem langen Warten an der Busstation, nachdem wir den gröbsten Dreck aus unserem Gesicht und von unseren Beinen gerubbelt hatten, beschloss ich auf Erkundungstour in Tamale zu gehen. Ich wollte den Kunsthandwerksmarkt finden, von dem im Reiseführer geschwärmt wird. Ich fand einen Markt und ja, da wurde Handwerk verkauft, aber Kunst? Es war eher ein Fetischmarkt mit Glasperlen und Schrumpfköpfen von allen möglichen Tieren, Krokodilleder, Leopardenfell und weiß Gott welche Abartigkeiten. Wenn ich hier eingekauft hätte, würden sie mich hundert prozentig nicht in die EU einreisen lassen.

Auch die Fahrt von Tamale nach Kumasi war wieder lang, heiß und anstrengend und wir freuten uns schon richtig aufs Gästehaus - Home, sweet home!

Metro-Bus - die sichere Variante


Aber trotzdem - die anstrengende Reise war es auf jeden Fall Wert!

Wenn sie unter ihresgleichen sind, sind sie ja ganz nett, die Paviane.

Beim Pinkeln erwischt - Buschbock

Pumba :)
Warzenschweine müssen sich zum Fressen "hinknien", weil ihr Hals zu kurz ist. Es lebe die Evolution! :)

Schaut grimmig - Agame

Die Wirbelsäule sagt "Danke!" - gesunde Sitzposition der Grünen Meerkatze

Das mit dem Köpfelnden Elefanten war übrigens kein Scherz! :)

Nochmal kräftig Luft holen und...

...Plaaaaaaaaaaatsch :)

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