Um 4:30 stand am Samstagmorgen wie ausgemacht das Taxi vor
der Tür - erstaunlich! Wir wurden zur Busstation in Kumasi gebracht, wo wir
erst mal warten mussten. Zuerst warteten wir darauf, bis der Ticketverkauf
startete. Danach warteten wir in der Schlange für den Ticketverkauf. Dann, bis
der Bus kam, dann, bis unser Gepäck eingeladen wurde. Dann, bis wir einsteigen
durften und dann, bis der Bus voll war. Alles in allem - zwei Stunden Wartezeit
- unausgeschlafen, in Herrgottsfrüh, umschwirrt von Mosquitos. Dafür bekamen
wir den besten Fensterplatz im Bus, direkt bei der Hintertür mit extra viel
Beinfreiheit und Platz fürs Gepäck. Auf ging´s ins 388km entfernte Tamale, der
Hauptstadt der Northern Region. Die Straße dorthin ist gut ausgebaut und wir
kamen relativ schnell voran. Simone und ich schliefen und bekamen nicht alles
so genau mit, jedenfalls würde der Bus offensichtlich mal von der Polizei
aufgehalten, weshalb alle aufstanden und sich aufregten "Please, you are
waisting our time! Let us go!" Wir fuhren weiter. Aber das war´s noch
nicht gewesen. Nach kurzer Zeit bogen wir in eine Seitenstraße ein. Wieder
standen alle auf und jeder teilte lauthals seinen Unmut mit. Der Bus stoppte
vor dem örtlichen Tierarzt und der Fahrer und zwei Drittel der Insassen stiegen
aus. Was passiert da? Aber die Leute pilgerten nicht zum Tierarzt, sondern zum
Polizeihauptquartier nebenan. Simone und Ich wollten natürlich auch wissen, was
da los ist. Vom Offise heraus hörte man heftige Diskussionen. Es konnte uns
keiner genau erklären, was eigentlich los war. Zwischenzeitlich dachten wir
schon, der Fahrer hätte jemanden überfahren, Fahrerflucht begangen und würde
jetzt den Führerschein verlieren oder eingesperrt werden und wir wären in
Kintampo gestranded. Aber dem war dann glücklicherweise nicht so. Nach einer
Dreiviertelstunde bekamen wir unseren Fahrer wieder - er war irgenwo falsch
abgebogen, wo man nicht fahren darf - also ganz harmlos. Im Bus wurden dann
Spenden gesammelt "Our driver needs help" - keine Ahnung ob schlussendlich
eine Strafe bezahlt wurde oder ob der Fahrer die Bullen auf
einen "cold drink" eingeladen hat.
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Öffentliche Transportmittel sind immer voll und voll eng. |
Mit der Überquerung der Black Volta kommt man in ein anderes
Ghana. Schluss ist's mit den grünen Wäldern, den Bananenbäumen und dem frischen
Obst, das neben der Straße verkauft wird. Der Norden ist trocken - und das
macht sich in jeder Hinsicht bemerkbar. Die Vegetation wird immer
Steppenähnlicher, des viele Grün nimmt immer weiter ab, bis man durch eine
karge Savannenlandschaft mit nur wenigen hohen Bäumen fährt. Riesige
Termitenbauten ragen bis zu 4m in die Höhe und manchmal sieht man einen
steinalten, blätterlosen Baobab-Baum. Es gibt keine großen, farbenfrohen
Ortschaften mehr, die die Straße säumen, nur noch kleine Dörflein mit
Rundhütten aus Lehm. Es scheint, als wären die Farben verschwunden, alles ist
braun, grau, schwarz. Es wird "afrikanischer", so wie sich die
meisten Europäer Afrika wahrscheinlich vorstellen. Das Land ist karg und die
Menschen sind durchschnittlich ärmer als die im Süden. Es gibt auch nicht
solche Massen an Nahrungsmitteln.
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"typisch afrikanisch" - Rundhütten |
Ursprünglich war geplant, dass wir eine Nacht in der
Provinzhauptstadt Tamale - eher ein großes Dorf - übernachten, weil es von dort
nur ein Mal täglich um 14:00 einen Bus in den Mole Nationalpark gibt und es
bereits 15:00 war, als wir ankamen. Doch, welch glücklicher Zufall, der
Mole-Bus war noch da und wir konnten die vierstündige Fahrt zum Mole Motel
antreten, wo wir dann kurz nach 20:00 einchecken konnten.
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Unterwegs im größten Nationalpark Ghanas |
Am Nächten Morgen standen wir um dreivieltel 7 mit 40
anderen Nationalparkbesuchern vorm Motel, bereit zur Morgensafari. Wir wurden
in vier Gruppen aufgeteilt und los ging es, hinunter zum Wasserloch, auf das
man vom Restaurant und Swimmingpool unserer Unterkunft aus einen tollen
Ausblick hat. Dort beobachteten wir Hammerkopf-Ibis, Kuhreiher, Warzenschweine,
Kob-Antilopen und Buschböcke. Doch wir waren auf der Suche nach etwas größerem.
Die Guides der vier Gruppen waren in ständigem telefonischem Kontakt. Irgendwo
in der Umgebung war ein Elefant, dem waren wir auf der Spur - und die anderen
Gruppen natürlich auch. Die Elefantenschnitzeljagd hatte begonnen. Wir rasten
durchs Gebüsch, fanden hier einen frischen Fußabdruck und da einen noch vom
Morgenbad trüben Tümpel. Das kann doch nicht so schwer sein, einen Elefanten zu
finden?!
Schlussendlich fanden wir dann
den heißbegehrten Schatz. Wenn der Guide nicht stehengeblieben wäre,wir wären
bestimmt vorbeigerannt. Ganz versteckt hinter Bäumen stand der graue Riese da,
mucksmäuschchenstill. Auch die anderen Gruppen trudelten langsam ein, von allen
Seiten. Der Elefant war umzingelt und das gefiel ihm augenscheinlich so gar
nicht. Er war verletzt. Sein linkes Vorderbein war angeschwollen und blutete.
Die vielen Menschen machten ihn nervös. Er begann sich im Kreis zu drehen, mit
den Ohren zu wedeln und den Rüssel zu heben. Er war komplett angespannt, konnte
nicht weg, weil er keinen Fluchtweg hatte. Unser Guide bemerkte das und führte
uns über einen Graben, wo wir aus sicherem Abstand die folgende Eskalation
beobachten konnten. Plötzlich rannte der Elefant los, genau auf eine andere
Gruppe zu. Alle hielten den Atem an. Man hörte knackchendes Geäst, sah nur eine
Staubwolke aus der Menschen heraussprangen, wie eine aufgescheuchte
Gazellenherde. Dann lag der Elefant am Boden. Er war gestürzt. Glück im Unglück
für die Leute aus der Gruppe, die sich in Zukunft sicher nie wieder so nahe an
einen Elefanten herantrauen werden. Das hätte ein schlimmes Ende nehmen können.
Mir ist zum ersten Mal aufgefallen, wie hilflos und verwundbar so ein
Menschlein in der Wildnis ist, ganz ohne Fahrzeug, Waffe oder Zaun, hinter dem
man sich verstecken kann. Man hat eigentlich keine Chance gegen einen
Elefanten. Da heißt's dann echt nur noch "Lauf um dein Leben!" Obwohl
man immer hört, man soll nicht wegrennen. In dem Fall hatten die aber keine
andere Wahl.
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Guten-Morgen-Safari |
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Nur 30m vom wilden Tier entfernt |
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So verstecken sich Elefanten |
Voller Adrenalin und euphorisch über unser Abenteuer machten wir uns dann auch bald aus dem Staub
und beobachteten den Elefanten nur noch von der Terasse beim Hotel aus, wie er
im Sumpf herumwatete und dann mit einem eleganten Hechtsprung in den See
abtauchte. :)
Dass das Essen im Hotel komplett überteuert ist, wussten wir
schon vorher, also haben wir uns Proviant mitgebracht. Selbstgebackenes Brot,
Ananasmarmelade, Gari und Gewürzspekulatius. Letzteres hätte unser Mittagessen
nach der Safari sien sollen. Aber die Paviane machten uns einen Strich durch
dir Rechnung. Nichts ahnend saße wir auf der Terasse, plauderten mit zwei
Volunteers - das erste und einzige Mal, dass wir eine Österreicherin getroffen
haben - und knabberten am Gewürzspekulatius, den Simones Mutti ihr zu
Weihnachten geschickt hatte. Plötzlich kam ein Pavian auf uns zugerannt. Da ist
man erst mal ganz perplex. Simone schnappte die Kekse und stellte sie auf den
Tisch. Aber das war kein Hindernis für den Affen. Schon war er wieder weg, und
die Kekse auch. Wir konnten ihn noch dabei beobachten, wie er unterm Motel im
Gebüsch unser Mittagessen verputzte. Angeblich werden hier oft Menschen, vor
allem Kinder und Frauen, von Affen ausgeraubt und es wurden schon manche
verletzt, weil sie ihre Handtasche nicht gleich hergeben wollten. Das ist echt
arg, man ist da komplett hilflos. Wenn man von einem Menschen ausgeraubt wird,
kann man wenigstens schimpfen und schreien -wenns was nützt, diskutieren,
nachlaufen sich im schlimmsten Fall drum prügeln oder anzeigen. Mit dem
Banditen wollte ich mich aber auf gar keinen Fall anlegen. Affen sind echt
unheimlich unverschämt.
Doch die Affenattacke verschaffte uns eine gratis
Mitfahrgelegenheit bei der Nachmittagssafari, weil ich mit einem MIT Studenten
aus Sambia ins Gespräch kam, der mit zehn Leuten und zwei privat gemieteten
Pick-ups unterwegs war.
Zurück von der Safari, auf der wir nicht viel gesehen haben,
packten wir schnell unsere Rucksäcke mit dem Nötigsten zusammen. Um 17:00
starteten wir mit einem Guide zum 2,5km entfernten Tree Hide, einem Baumhaus
bei einer Wasserstelle, wo wir übernachten. Das war echt cool! Als wir ankamen,
begann es schon zu dämmern. Ein paar Paviane und Antilopen konnten wir noch
erspähen, dann wurde es dunkel. Wir übernachteten unter freiem Himmel (unterm
Mosquitonetzt) hoch oben am Baumhaus und lauschten den Geräuschen der Savanne -
Zickaden, pfeifende Kob-Antilopen und brüllende Paviane. Am Nächsten Morgen
hörten wir sogar die Rufe einer Tüpfelhyene.
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Tree Hide |
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Zwei Frühaufsteher auf dem Heimweg |
In der prallen Mittagssonne machten wir uns auf den Rückweg,
kamen zu einem Fahrradunfall, verarzteten die verletzten Schulmädchen, wurden
daraufhin von einem weiteren Mädchen begleitet, dem wir Medikamente für ihre
Freundinnen mitgeben wollten, hatten aber dazwischen noch ein
Fahrradkettenproblem und kein Wasser mehr und kamen dann schließlich vollkommen
fertig und dehydriert beim Motel an. Den restlichen Tag verbrachten wir beim
Pool.
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Bei der Aussicht lässt sich#s aushalten, beim Motel. |
Am Montag standen wir schon um 2:15 auf, weil der einzige
Bus, der den Mole-Park verlässt, um 3:00 hätte fahren sollen. Als wir aber mit
müden Augen an der Rezeption standen, wurde uns mitgeteilt, dass der Bus erst
um 4:00 fährt. Das freut einen dann ganz besoners. Also - zurück in den heißen
Schlafsaal. Die Hitze und die Mosquitos vertrieben mich dann aber bald und ich
beschloss lieber draußen vor der Tür zu warten. Da konnte ich wenigstens meinen
Pulli anziehen um mich vor den Stichen zu schützen. Mehr oder weniger. Kaum hatte
ich es mir halbwegs gemütlich gemacht, kam der Rezeptionist um alle
aufzuwecken. Kurz nach vier furh der Bus dann wirklich los (im Reiseführer
stand 4:30 - in Ghana kann man nie wissen :)). Als wir in Tamale ankamen waren
wir komplett eingestaubt, weil die hintere Tür beim Fahren offen war und wir
auf der Rückbank den ganzen roten Sand ins Gesicht geweht bekommen haben - man
konnte nichtmal richtig atmen, geschweige denn die Augen öffnen. Es war alles
so dreckig.
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Alles voller Staub |
Nach erneutem langen Warten an der Busstation, nachdem wir
den gröbsten Dreck aus unserem Gesicht und von unseren Beinen gerubbelt hatten,
beschloss ich auf Erkundungstour in Tamale zu gehen. Ich wollte den
Kunsthandwerksmarkt finden, von dem im Reiseführer geschwärmt wird. Ich fand
einen Markt und ja, da wurde Handwerk verkauft, aber Kunst? Es war eher ein
Fetischmarkt mit Glasperlen und Schrumpfköpfen von allen möglichen Tieren,
Krokodilleder, Leopardenfell und weiß Gott welche Abartigkeiten. Wenn ich hier
eingekauft hätte, würden sie mich hundert prozentig nicht in die EU einreisen
lassen.
Auch die Fahrt von Tamale nach Kumasi war wieder lang, heiß
und anstrengend und wir freuten uns schon richtig aufs Gästehaus - Home, sweet
home!
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Metro-Bus - die sichere Variante |
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